Foto von zwei Frauen von hinten, die jeweils eine Ukraine Flagge in der Hand halten. Im Hintergrund eine Stadt und Berge.

She Can – Frauen in ukrainischen Kommunen stärken

Frauen sind im russischen Angriffskrieg oftmals auf sich gestellt, etwa bei der Bewältigung von Versorgungsengpässen, der Sorge für Kinder und/oder ältere Angehörige, der Fluchtorganisation und vielem mehr. Die Kriegslage hat eine große Welle an zivilgesellschaftlichem Engagement und Selbstorganisation hervorgebracht, getragen vor allem von Frauen. Ihre politische Repräsentation in Ämtern ist hingegen trotz quotierter Wahllisten und wachsender gesellschaftlicher Akzeptanz noch immer zu gering.

Zielgruppe

Kommunalpolitikerinnen in Deutschland und in der Ukraine

Partner*innen

Gefördert vom Auswärtigen Amt

Zeitraum

2023

Aufbau eines deutsch-ukrainischen Netzwerks

„She can“, das im Juni 2023 gestartet ist, zielt darauf ab, mit Bürgermeisterinnen, Lokalpolitikerinnen und politischen Entscheidungsträgerinnen ein deutsch-ukrainisches Netzwerk aufzubauen. Außerdem sollen lokale zivilgesellschaftliche Aktivistinnen in den Bereichen wie Bildung, humanitäre Hilfe, Kommunalpolitik und weitere politisch interessierte Frauen aus verschiedenen Regionen der Ukraine gestärkt, weiterqualifiziert und zur Wahrnehmung politischer Ämter ermutigt werden. Das Netzwerk soll schrittweise auch für ein breiteres Publikum geöffnet, Frauen in der Politik sichtbar gemacht und Jugendliche als Zielgruppe miteinbezogen werden.

Kommunale Partnerschaften

Unterstützung für die vom Krieg betroffene ukrainische Bevölkerung kam verstärkt aus deutschen Kommunen, die bereits zivilgesellschaftliche bzw. Städtepartnerschaftskontakte zu ukrainischen Städten und Gemeinden hatten. Daher liegt der Fokus des Projekts darauf, bereits bestehende Partnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Kommunen zu stärken und neue Solidar- oder kommunale Partnerschaften zwischen ukrainischen und deutschen Städten und Gemeinden anzubahnen.

Gemeinsam für Demokratie

Seit mehr als anderthalb Jahren engagiert sich die EAF Berlin in der Unterstützung, Förderung und Vernetzung von kommunalpolitisch aktiven Frauen in der Ukraine, zuletzt im Projekt Gemeinsam für Demokratie. Denn die Kommunen sind die Schaltstellen für die Versorgung im Krieg und den Wiederaufbau des Gemeinwesens. Viele Frauen kämpfen an dieser zivilen Front, eine große Zahl von ihnen in Entscheidungspositionen.

„She Can“ ist ein Kooperationsprojekt zwischen Austausch e.V. und der EAF, weitere Partner sind die Organisationen Dialogue for Understanding (D4U), und AEPD.

Aktuelles aus dem Projekt

EAF-Senior Advisor Dr. Helga Lukoschat reiste Anfang Juli 2023 in die Ukraine. In einem Blogbeitrag berichtet sie über Erfahrungen, Begegnungen und die Notwendigkeit, ukrainische Frauen in ihrem Engagement, aber auch in Vorbereitung auf den Wiederaufbau zu unterstützen.

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Mit einem ersten Online-Seminar startete „She Can“ den Anbahnungsprozess für künftige deutsch-ukrainische Kooperationen und Partnerschaften auf der kommunalen Ebene.

Aus fünf verschiedenen ukrainischen Regionen hatten sich Bürgermeisterinnen bzw. Gemeindevorsteherinnen und ihre Teams für das Treffen am 13. Juli 2023 angemeldet. Im Vorfeld hatten sie Informationen über ihre Gemeinden geschickt und vor allem ihre Erwartungen und Wünsche an zukünftige deutsche Partnerinnen skizziert wie beispielsweise: Kinder- und Jugendaustausch, Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung von Binnengeflüchteten, Zusammenarbeit beim Thema häusliche Gewalt und Frauenhäuser, aber auch kulturelle Begegnungen und Austausch.

Aus Deutschland nahmen sechs Bürgermeisterinnen und Vertreterinnen der kommunalen Verwaltung und zivilgesellschaftlicher Frauenorganisationen an diesem ersten Austausch teil. Zwei Gemeinden davon unterhalten bereits partnerschaftliche Beziehungen zu einer ukrainischen Kommune bzw. zu einem ganzen Bezirk.

Zunächst berichtete Katja Glybowskaja, Stadträtin in Jena und Sprecherin des Helene Weber-Netzwerks, über die neue Städtepartnerschaft zwischen Jena, Erlangen und dem ukrainischen Browary. Diese ist mit Unterstützung der „Servicestelle Kommunen in einer Welt“, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit finanziert wird, „kurzfristig und ohne größere Bürokratie“ im vergangenen Jahr zustande gekommen. Seitdem wurden nicht nur Hilfsgüter, medizinische Ausrüstung und Gerätschaften für die Feuerwehr auf den Weg nach Browary geschickt. Inzwischen wurde auch die erste ukrainische Delegation in Jena empfangen und mit verschiedenen Institutionen ins Gespräch gebracht.

Katharina Haberkorn, Leiterin des EU-Büros des bayerischen Bezirks Schwaben, sprach über die langjährige Partnerschaft ihres Bezirks mit der Bukowina (Oblast Tscherniwzi), die durch den Krieg eine neue Bedeutung erlangt hat. Tragend seien hierbei vor allem die menschlichen Beziehungen, die durchaus thematisch fokussiert sein könnten, die aber Kontinuität auch bei personellem Wechsel garantieren sollten. Sie machte Mut für einen Austausch, fachlicher oder kultureller Natur, der durchaus niedrigschwellig anfangen könne. „Machen Sie die Tür auf und gehen Sie hinaus“, so ihr Appell.

Am Ende stand das Interesse beider Seiten, beim nächsten Treffen im August bestimmte Themen zu vertiefen, beispielsweise die Funktion und Arbeit von kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Deutschland hat mit diesen Stellen langjährige Erfahrung, in der Ukraine wurden „gender advisors“ gerade erst eingeführt.

„Demokratie braucht Frauen – erfolgreiche Schritte in die Politik“. Unter diesem Titel stand ein zweitägiges Seminar für kommunalpolitisch und zivilgesellschaftlich engagierte Frauen aus der Ukraine.

Im vom Auswärtigen Amt geförderten Projekt „She Can“ kooperiert die EAF Berlin u.a. mit den Organisationen Austausch e.V. und D4You.

Den Ton für das Arbeitstreffen setzte Kateryna Gipenko, Botschaftsrätin der ukrainischen Vertretung in Berlin, gleich zur Begrüßung: Ihr Land habe längst kein „Männergesicht“ mehr. Der fortdauernde Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine habe das Geschlechterverhältnis spürbar verändert. So seien beispielsweise über 50 Prozent der Gemeinde- und Stadträte inzwischen von Frauen besetzt. An dieser „zweiten Front“ brächten sie vollen Einsatz für den Sieg und den Wiederaufbau des Landes.

Von diesen „Heimatfrontkämpferinnen“ hatten sich zwanzig aus verschiedenen Regionen der Ukraine auf den Weg nach Berlin gemacht: Bürgermeisterinnen größerer und kleinerer Gemeinden, ihre Stellvertreterinnen, Leiterinnen und Mitarbeiterinnen aus Verwaltungseinheiten, Mitglieder von Gemeinde- und Regionalräten, Vertreterinnen zivilgesellschaftlicher Frauenorganisationen.

Zwei Tage, vom 19. bis 20. Oktober, standen sie und ihre Fragen im Mittelpunkt: Wie kann ich selbstwirksamer werden, überzeugender auftreten, an meinem öffentlichen Auftritt arbeiten? Mit einfachen Fragen und Übungen aus dem Trainingsbereich des Selbstmarketings wurden teilweise sehr persönliche und emotionale Antworten zu Tage gefördert; erstaunliche Erfolge wurden offenbar, Widerstandskraft spürbar, aber auch immer wieder Selbstzweifel und -kritik. Doch dominierten – kriegsbedingt – die Durchhalteparolen.

Macht zu handeln

„Jeder kommt auf die Welt, um diese besser zu machen.“ Dieses Credo teilte Ludmyla Prokopechko, Bürgermeisterin der Gemeinde Dobroslav im Oblast (Verwaltungsbezirk) Odessa, mit der Runde. Sie ist stolz darauf, dass sie mit über neunzig Prozent der Stimmen in ihr Amt gewählt wurde und eine unangefochtene kommunale Führungsfrau ist. Yevheniia Bardiak, Mitglied im Regionalrat des Oblast Ivano-Frankivsk, plädierte dafür, die Lebenszeit in „etwas Großes“ zu investieren. Doch stellte sie fest, dass „unsere Frauen in der Ukraine viel zu viel arbeiten.“ Halyna Biletska, Bürgermeisterin der Gemeinde Andrushivka im Oblast Schytomyr, berichtete stolz, dass sie bereits dreimal hintereinander in ihrem Amt bestätigt worden sei. Ihre Arbeit sei schwer und verantwortungsvoll, besonders jetzt im Krieg. Doch „Bescheidenheit und Stillschweigen sind unsere größten Feinde.“ Natalya Deliyeva aus Odessa, Mitgründerin und Vorsitzende der Frauenorganisation „Diya“ beschrieb, wie sich ihre Auffassung von Macht verändert hat. Während sie früher damit einen Gegenstand wie eine Krone oder ein Zepter assoziiert habe, sei Macht für sie heute die „Fähigkeit, zu handeln, die Möglichkeit, etwa zu bewegen“.

Häusliche Gewalt von großer Brisanz

Zugleich ging es um konkrete Themen (gleichstellungs-)politischer Arbeit. Als Gesprächspartnerinnen kamen die Geschäftsführerin des Frauenrats von Schleswig-Holstein, Alexandra Ehlers, und die Gleichgestellungsbeauftragte von Berlin Mitte, Kerstin Dobrick, zu Besuch, um über die Rahmenbedingungen und die Praxis ihrer Arbeit in Kommune und Bundesland zu informieren. Es ging um die gesetzliche Verankerung, Finanzierung und Umsetzung von Frauen- und Gleichstellungspolitik in Deutschland, insbesondere aber um die Bekämpfung von häuslicher und Partnergewalt. Ein Thema, das auch für ukrainische Kommunen von großer Brisanz ist, denn der Krieg hat dort die Zahlen der Gewalttaten in die Höhe schnellen lassen. In einigen Regionen, wie zum Beispiel im Oblast Kyiv wurde bereits eine Hotline für häusliche Gewalt eingerichtet, andere Gemeinden planen Beratungszentren. Auch die Arbeit mit den Tätern ist für die ukrainische Seite relevant. Zu diesem Problemkomplex wurde ein weiterer deutsch-ukrainischer Erfahrungsaustausch vereinbart, der zeitnah erfolgen soll.

Städtefreundschaften

Wichtig war auch das Thema „Städtefreundschaften“ – ein Grundpfeiler des Projekts „She Can“. Denn die Funktionsfähigkeit und die Resilienz der ukrainischen Kommunen sind eine wesentliche Voraussetzung, um den Krieg zu überstehen und das Land nach demokratischen Prinzipien wiederaufzubauen.

Vier der auf dem Seminar vertretenen Gemeinden stehen bereits mit deutschen Gemeinden in Kontakt. Für eine fünfte ukrainische Gemeinde sucht die EAF noch eine Partnerschaft. Nun gilt es, diese Kontakte mit konkreten Vorschlägen für die Zusammenarbeit und den Austausch zu füllen. Von ukrainischer Seite gibt es eine breite Palette von Ideen und Wünschen an die deutschen Partnerinnen: Kultur- und Jugendaustausch, Hardware für Schulen, Schulbusse, medizinische und sozialpsychologische Reha-Maßnahmen, Unterstützung der Kinder von Binnengeflüchteten.

Die Welt darf sich nicht abwenden

Am Ende waren sich die Teilnehmerinnen einig, dass diese zwei Tage, weit weg vom Krieg und ganz konzentriert auf sich selbst, eine wertvolle Auszeit waren. Diese Zeit fehle im Alltag, sei aber immer wieder notwendig, „um sich neu zu erfinden,“ lautete ein Feedback. „Wir haben uns gegenseitig daran erinnert, worin wir stark sind und was wir können,“ sagte eine Teilnehmerin. „Nur eine Frau schaut auf die Welt durch das Prisma der Erneuerung“, formulierte es eine andere poetischer.

In den vielstimmigen Dank an die Organisatorinnen von EAF Berlin und Austausch e.V. mischte sich aber auch eine Ermahnung: „Das alles hier macht nur Sinn, wenn die ganze Welt uns weiterhin unterstützt“, appellierte Bürgermeisterin Prokopechko aus Dobroslav. Die Befürchtung, dass die Ukraine angesichts des Krieges in Nahost aus dem Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerät, ist groß. Auch dagegen helfen persönliche Begegnungen und Partnerschaften.

Gruppenfoto der Teilnehmerinnen des Seminars
Im Hintergrund zwei Stellwänder, im Vordergrund eine Frau, die ins Mikro spricht
Gruppengespräch zwischen 6 Frauen
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Im Hintergrund ein Seminarraum, im Vordergrund eine lächelnde Frau
Drei Frauen stehen um einen Stehtisch. Eine von ihnen schneidet Kuchen an.
Gruppenfoto der Teilnehmerinnen, die Papierflieger werfen.
Informelle Gesprächssituation zwischen den Teilnehmerinnen
Papierflieger mit handschriftlichen Texten drauf.
Im Hintergrund eine Stellwand, im Vordergrund eine Frau, die ins Mikro spricht
Im Hintergrund Seminarraum mit Teilnehmerinnen, im Vordergrund ein Flyer mit Text: "50/50 Gleiche Macht für alle"
Gruppenfoto mit Ukraine Flagge und Poste mit Text: "50/50 Gleiche Macht für alle"

Kontakt

Wenden Sie sich bei Fragen zu dem Projekt gerne an die verantwortliche Ansprechpartnerin:

Dr. Helga Lukoschat
Vorstandsmitglied und Senior Advisor der EAF Berlin

+49 (30) 3087760-0

lukoschateaf-berlinde

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