"Unbesiegbarkeitspunkte"
Nur mit Verzögerung konnte unser Spenden-Event am 16. Dezember starten. Denn unsere ukrainischen Partnerinnen hatten Schwierigkeiten, online zu gehen. Russland führt die schwersten Raketenangriffe seit Wochen auf die lebenswichtige Infrastruktur des Landes. Der Strom ist in weiten Teilen ausgefallen.
Aus diesem Grund musste Irina Gritsay aus Dnipro dem Treffen ganz fernbleiben. Ihre Stadt liegt unter Dauerbeschuss, es gibt keinen Strom. Sie selbst und ihre Familie haben Zuflucht in einem Schutzraum gesucht.
Feuerroter Himmel über Bachmut
Lilyia Kislitsyna schaltete sich verspätet aus einem der "Unbesiegbarkeitspunkte" in Lviv zu. So bezeichnete Präsident Selenskyj die Überlebensräume, die überall im Land eingerichtet werden. 5.000 sind in Aussicht gestellt, viel zu wenige für eine flächendeckende Versorgung, aber lebensrettend für diejenigen, die einen dieser Punkte aufsuchen können. Denn es sind weit mehr als Wärmestuben. Dort gibt es auch Lebensmittel und Medikamente und vor allem Strom - für Handys, Laptops, medizische und andere überlebenswichtige Geräte.
In Lviv, so berichtete Lilyia Kislitsyna, tönen die Sirenen seit Stunden. Die Kindergärten sind geschlossen, die Mütter müssen zuhause bleiben und können nicht zur Arbeit gehen. Viele Kinder verbringen Stunden in diesen Überlebensräumen, weil zuhause weder geheizt noch gekocht werden kann. Denn die meisten Haushalte sind vom Strom abhängig. Dennoch gelingt es ihr und ihrer Frauenorganisation "Smarta" immer wieder, Hilfsgüter in das noch gebeuteltere Kramatorsk, ihre Heimatstadt, zu schicken. So konnten mit den bisherigen Spenden der EAF Powerbanks für den Online-Unterricht, Lebensmittel und hygienische Artikel geliefert werden. Außerdem ein Krankenwagen, der aktuell im Raum Charkiw im Einsatz ist.
Lilyia Kislitsyna findet drastische Worte und Bilder zur Lage in Kramatorsk, das nur rund 25 Kilometer von Bachmut entfernt liegt. Dort massieren sich aktuell die sinnlosen russischen Angriffe, und der feuerrote Himmel ist bis weit nach Kramatorsk zu sehen, das auch regelmäßig von Raketen getroffen wird. Dort gibt es bislang 12 dieser "Unbesiegbarkeitspunkte", und unsere Partnerin wünscht sich, dass sie durch Spenden mit Räumen ausgestattet werden, in die sich besonders Mütter mit Kindern und alte Menschen zurückziehen können.
Fluchtpunkt Odessa
Etwas später kann sich auch Natalya Deliyeva aus Odessa zuschalten. Sie steht an einer Tankstelle, wo es Strom gibt, um kurz Bericht zu erstatten. Besondere Sorge bereitet ihr das rund 150 km entfernte Cherson, in dem es erneut große Zerstörungen gab. Viele Menschen versuchen von dort nach Odessa zu gelangen, und die Stadt muss immer mehr Binnengeflüchtete versorgen. Mit den bisherigen EAF-Spenden konnte Natalya schon viele dringend benötigte Medikamente beschaffen. Denn eine große Zahl von Menschen ist krank, eine Erkältungs- und Grippewelle überrollt die Stadt, hinzu kommen die Verwundeten. Rund um Odessa gibt es nur noch wenige geöffnete Apotheken, deshalb ist der Beitrag, den ihre Frauenorganisation "Diya" zur Versorgung der Zivilbevölkerung leistet, sehr wichtig. Erschwert wird die Versorgung dadurch, dass viele Hilfslieferungen kaum durchkommen, weil russische Posten die Autos oft nicht passieren lassen. Natalya Deliyeva erbittet auch Spenden für den Kauf weiterer, sensorbasierter Blutzucker-Messgeräte für Kinder mit Diabetes. Eine erste Lieferung wurde mit Hilfe der von der EAF eingeworbenen Gelder bereits möglich.
Der Appell unserer ukrainischen Partnerinnen bleibt eindringlich: "Helft der Ukraine, sich zu verteidigen. Unser Sieg ist einer für die ganze demokratische Welt."