Gruppenfoto von Frauen, die blau-gelbe Schals tragen.

Starke Frauen stabilisieren das Land

Warum das Projekt „Gemeinsam für Demokratie“ nachhaltig ist

Mit dem Kooperationsprojekt zwischen der EAF Berlin und dem Auslandsbüro Charkiw der Konrad-Adenauer-Stiftung haben wir bis Ende 2022 viel erreicht:

Eine erste Informationsreise unserer ukrainischen Projektpatinnen nach Berlin im Juni, den Aufbau eines Netzwerkes von politisch und zivilgesellschaftlich aktiven Frauen in der östlichen Ukraine, eine Delegationsreise ukrainischer Kommunalpolitikerinnen, Bürgermeisterinnen und Akteurinnen der Zivilgesellschaft nach Berlin und Dresden im November. Die Ideen für das nächste Jahr im Projekt sind bereits vielzählig: der Aufbau von Städtepartnerschaften, Kulturprojekte und weitere Spendenaktionen sind nur einige der Vorhaben.

Neue Angriffe auf Kyiw befürchtet

Und dennoch ist das Jahresende kein Moment der Freude, vielmehr beunruhigen die Nachrichten aus der Ukraine. Die russischen Angriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine halten an, die Kämpfe im Donbas gehen trotz Wintereinbruchs unvermindert weiter, und auch die Aussichten auf die kommenden Monate sind düster. Seit Tagen warnen Mitglieder der ukrainischen Regierung und der Sicherheitskräfte vor erneuten russischen Offensiven, unter anderem auf Kyjiw. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee, Walerij Saluschnyj, sprach letzte Woche von einem möglichen zweiten Angriff auf die ukrainische Hauptstadt und benannte Mitte Januar/Februar 2023 als Zeitraum. Saluschnyjs Aussagen bestärkten viele Menschen in der Ukraine in ihrer Sorge vor einem dramatischen Winter, denn der General, der sehr hohes Vertrauen in der Bevölkerung genießt, kommuniziert ansonsten eher zurückhaltend. Seitdem die russische Seite die kritische Infrastruktur in der gesamten Ukraine fast wöchentlich angreift und flächendeckend zerstört, leben viele Ukrainerinnen und Ukrainer teilweise tagelang mit regelmäßigen Ausfällen des Stroms, der Wasserversorgung und der Heizung. Bei gegenwärtigen Temperaturen von rund minus 10 Grad Celsius kann das lebensgefährlich werden.

Ein rasches Kriegsende ist nicht zu erwarten

Die russische Seite verfolgte mit diesen Kriegsverbrechen die Taktik, nicht nur die Ukrainer*innen in diesem harten Kriegswinter zu Konzessionen zu zwingen, sondern auch die westlichen Partner des angegriffenen Landes davon zu überzeugen, dass der Krieg für die Ukraine nicht zu gewinnen ist. Während an der Front kaum Fortschritte für die russischen Streitkräfte zu erzielen sind, um die Kleinstadt Bachmut im Donezkbecken ringen die Wagnertruppen bereits seit Monaten, rechnen nicht nur Militärexperten mit weiteren umfassenden russischen Raketenangriffen auf die Städte und das Energiesystem der Ukraine in den kommenden Tagen und Wochen. Die Infrastruktur des Landes könnte komplett zusammenbrechen.

Es ist also weiterhin eine dramatische Lage, womöglich eine noch dramatischere als in den ersten Wochen nach dem 24. Februar 2022. Denn mittlerweile ist der Blutzoll, den die Verteidigung des Landes gefordert hat, sehr hoch, die wirtschaftliche Lage verschlechtert sich zusehends, und der Wiederaufbau liegt noch in weiter Ferne. Ein rasches Ende des Krieges - wie es sich viele in Deutschland erhoffen - ist nicht zu erwarten. Vielmehr ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit einer langen mehrjährigen Konfrontation und weiteren Eskalationen auch über das Territorium der Ukraine hinaus zu rechnen. Denn bisher lässt sich nicht erkennen, dass der Kreml seine Kriegsziele, politische und militärische Unterwerfung der Ukraine und Neuaufteilung Osteuropas in Einflusszonen der Großmächte, aufgegeben hat.

Diese brutale Realität erscheint uns gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit weit weg. Während wir uns in Deutschland auf die Feiertage und die traditionell ruhige Zeit am Jahresende vorbereiten, kämpfen Menschen nur wenige tausend Kilometer weitentfernt um ihre Existenz. Wir sind vielleicht schon ermüdet von all den schrecklichen Bildern und Nachrichten in den letzten zehn Monaten aus dem Osten Europas, auch die Menschen in der Ukraine sind müde, nur sie können dem nicht entrinnen.

Kontinuität und Nachhaltigkeit

In diesem schwierigen Moment für die Ukraine ist es wichtig, dass wir als KAS Ukraine und EAF unser Projekt zur Stärkung kommunalpolitisch aktiver Frauen und Frauen aus der Zivilgesellschaft fortsetzen. Denn damit stärken wir die Frauen, die in den Frontregionen engagiert sind und ihr Land auf ganz vielfältige Art stabilisieren. Es ist vor allem dem Engagement der EAF Berlin zu verdanken, dass wir das Projekt nach dem 24. Februar 2022 so rasch den neuen Bedingungen anpassen und fortsetzen konnten. Mit einer ersten Spendenaktion konnte unbürokratisch humanitäre Hilfe in der Ostukraine geleistet werden. Der enge und regelmäßige Austausch mit unseren Projektpatinnen führte zu Kontinuität und Verstetigung im Projekt trotz der sich grundlegend geänderten Ausgangslage, und die rege Öffentlichkeitsarbeit in Deutschland hatte eine größere mediale Resonanz zur Folge. Es ist gerade dieses Engagement sowohl von der deutschen als auch von der ukrainischen Seite, die dieses Projekt nachhaltig macht und das hoffen lässt, dass daraus weitere Kooperationen und Partnerschaften für eine friedliche Zukunft der Ukraine entstehen werden.

Veröffentlicht am: | Autorin : Dr. Brigitta Triebel

Autorin
Dr. Brigitta Triebel

Dr. Brigitta Triebel, promovierte Osteuropahistorikerin, leitet seit April 2023 das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Moldau. Sie war von Seiten der Konrad-Adenauer-Stiftung Kooperationspartnerin des EAF-Projekts "Gemeinsam für Demokratie" (2021-2023).

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