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In Stimmigkeit mit Innen und Außen

Authentizität ist ein Modebegriff geworden. Doch wie viel Authentizität ist gut? Und wann wird es unprofessionell? Unsere Trainerin erklärt, was sie über Authentizität gelernt hat.

Um authentisch zu sein und danach zu handeln, müssen wir uns im ersten Schritt über unsere Werte und Bedürfnisse bewusst werden. Dies benötigt Zeit und Muße, die in unserem Alltag oft fehlt. Es fällt uns oft leichter, von Außen an uns herangetragene Erwartungen und Normen zu erfüllen, als uns mit uns selbst auseinanderzusetzen. Jeder Mensch hat eine begrenzte Kapazität zur Verfügung, wenn diese durch das Außen erschöpft ist, haben wir nicht mehr die notwendige Energie für Selbstreflexion.

 

Veröffentlicht am: | Autorin : Maria-Christina Spießberger

Wie können wir in einer Welt, die immer mehr von uns erwartet, unsere Selbstwahrnehmung schärfen, um authentisch agieren?

Authentisch zu sein heißt zum Ersten nicht, ungefiltert unseren Bedürfnissen freien Lauf zu lassen, sondern, wie der Kommunikationswissenschaftler Schulz von Thun es formuliert, Innen und Außen miteinander in Einklang zu bringen. Eine weitere Voraussetzung für Authentizität ist, dass wir uns als Individuen erkennen und annehmen. Denn jeder Mensch kann nur authentisch sein, wenn er sich seiner Einzigartigkeit bewusst ist. Hier beginnt für mich ein sehr interessantes Dilemma:

"Unverfälscht gelebte Authentizität ist kein erstrebenswerter Zustand, da wir dabei unsere Mitmenschen übergehen würden."

Maria Christina Spießberger
Trainerin der EAF Berlin

Unverfälscht gelebte Authentizität, also das jederzeitige Ausleben unserer Gefühle ohne Rücksicht auf das Gegenüber, ist kein erstrebenswerter Zustand, da wir dabei unsere Mitmenschen übergehen würden. Die individuelle Entfaltung erfolgt also nur innerhalb eines bestimmten Rahmens. Und oft ist uns dieser Rahmen nicht einmal bewusst. Wir stoßen also auf die gesellschaftlichen Grenzen unserer Authentizität. Was wir für authentisch halten, ist auch durch die Gesellschaft geprägt, durch Gruppen, denen wir uns zugehörig fühlen und die bestimmten Konventionen folgen. Der Mensch lebt so in einer für ihn zugeschnittenen Blase, die sein eigenes Verständnis von Individualität definiert und dabei gleichzeitig in Beziehung zu einem Kollektiv individuell denkender Menschen steht. Doch oft ist uns dieser Rahmen nicht bewusst. Das erschwert die Suche nach der eigenen Individualität und Authentizität. Die Suche nach dem Selbst ist zwar schon Jahrtausende alt, wird allerdings durch die Flut an Reizen und Möglichkeiten immer undurchschaubarer. Dies gilt insbesondere für die Generation Z, die in einer liberalen Gesellschaft mit schier unüberschaubaren Möglichkeiten aufgewachsen ist.

Wer sind wir wirklich und was wird uns als Individualität verkauft?

Es scheinen sich viele Gedanken tatsächlich zu wiederholen, denn Platon sagte auch: „Sich selbst zu kennen, ist die erste aller Wissenschaften.“ Sich selbst zu erkennen und authentisch zu leben heißt mitunter, sich über einen Anteil unseres Scheinindividualismus bewusst zu werden und zu versuchen, sich selbst wahrhaftig und entkoppelt von äußeren Erwartungen zu begegnen. Mit dem Bewusstsein des kollektiven Individualismus und einer sehr tückischen Art des Kapitalismus im Hinterkopf, möchte ich mich nun der, laut Platon, wichtigsten Wissenschaft widmen. Ein unumgänglicher Faktor ist im Selbststudium die Regelmäßigkeit und das Implementieren der Rücksprache mit sich selbst im Alltag, also das Entwickeln von Routine im Umgang mit sich selbst. Das führt, über längere Zeit praktiziert, zu steigender Lebensqualität sowie zu einer steigenden Qualität unserer zwischenmenschlichen Beziehungen.

You have to do it, to do it!
Autorin
Maria-Christina Spießberger

Maria-Christina Spießberger ist Senior Expert im Team der EAF und als Coach und Trainerin für Karriereplanung, Auftrittskompetenz, Kommunikation und Chancengerechtigkeit tätig.

Mehr über Maria-Christina Spießberger

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