Rahmenbedingungen schaffen, die Care-Arbeit berücksichtigen
Gerade weil wir in einem System leben, dass durchdrungen ist von männlichen Strukturen, ist die Frage berechtigt, ob eine Frauenquote allein reicht, um diese Strukturen zu durchbrechen. Frauen müssen ja überhaupt erst in die Lage versetzt werden, die Positionen in Politik und Wirtschaft zu erreichen. Im Zweifel profitieren nämlich sonst nur Frauen von der Quote, die nicht oder kaum in Familie und Sorgearbeit eingebunden sind. Dadurch bleiben die Aspekte und Erfahrungswelten, die sich besonders stark von denen der Männer unterscheidet, weiterhin außen vor. Die gesamte weibliche Perspektive fließt, trotz Frauenquote, somit nur zu einem kleinen Teil in die politische Entscheidungsfindung.
„Eine Frauenquote allein hilft Müttern nicht wirklich“, sagt auch Prof. Dr. Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des WSI der Hans-Böckler-Stiftung, in unserem Buch „Mütter. Macht. Politik – Ein Aufruf!“. Ob Frauen, die Beruf und Familie vereinbaren müssen, in wichtige Entscheidungspositionen kommen, hänge davon ab, welche Rahmenbedingungen sie dafür vorfänden. Mit dem Modell der „Führung in Teilzeit“ beispielsweise kämen Frauen und Mütter überhaupt erst in die Lage, Positionen zu erreichen, an denen sie wichtige Entscheidungen treffen können. Das werden wir aber nicht alles gesetzlich regeln können, so Kohlrausch im Gespräch. Gerade im Politikbetrieb brauche es vor allem eine Kultur, die Sorgearbeit konsequent mitdenke:
„Es gibt zum Beispiel Überlegungen in der Politik den freien Sonntag einzuführen. Das wäre für Politikerinnen mit kleinen Kindern sicherlich eine Entlastung. Oder dass sich der Ortsverein unter der Woche nicht erst abends um sieben trifft. Da bringen Eltern nämlich gerade ihre Kinder ins Bett. Am Ende ist es dann natürlich eine kulturelle Frage, ob Sorgearbeit selbstverständlich genauso mitgedacht wird wie Erwerbsarbeit. Die Besprechung des Ortsvereins findet ja gerade nicht mittwochs um zehn statt, weil da alle arbeiten. Wenn wir aber sagen, wir denken Fürsorgearbeit mit, schlägt sich das in vielen kleinen Entscheidungen nieder, die sich gar nicht alle gesetzgeberisch regeln lassen.“iv
In Strukturen also, die der Sorgearbeit keinen Raum geben, stoßen Frauen besonders im mittleren Alter an gläserne Decken. Letztlich ist die Frage nach Vereinbarkeit viel bedeutender für feministische Politik als eine Frauenquote.