Mit Kind in die Politik - Gute Praktiken für die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und kommunalpolitischem Ehrenamt

Mandatsträger*innen in der Familienphase sind in der Kommunalpolitik besonders unterrepräsentiert. Die Studie zeigt anhand vieler Beispiele, Interviews und Porträts, welche strukturellen Veränderungen in Kommunen initiiert werden können, damit Kommunalpolitik familienfreundlicher und dadurch vielfältiger wird. Sie enthält konkrete Schritte und Handlungsempfehlungen für Politik, Verwaltung und Verbände.

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Kommunale Vertretungen und Rathäuser sind immer noch eine Männerdomäne: Der Frauenanteil in den kommunalen Vertretungen liegt bei 27,7 Prozent, nur 9,5 Prozent Landrätinnen gibt es in Deutschland. Mehr als 90 Prozent der Rathäuser werden von einem Mann geführt. Mandatsträger*innen in der Familienphase sind in der Kommunalpolitik besonders unterrepräsentiert. Die Gründe dafür sind zahlreich, die Lösungen auch. Die Studie „Mit Kind in die Politik“ zeigt anhand vieler Beispiele, Interviews und Porträts, welche strukturellen Veränderungen in Kommunen initiiert werden können, damit Kommunalpolitik familienfreundlicher und dadurch vielfältiger wird. Sie enthält konkrete Schritte und Handlungsempfehlungen für Politik, Verwaltung und Verbände. Die Studie wurde von der EAF Berlin verfasst und vom Bundesfrauenministerium im Rahmen des Helene Weber-Kollegs gefördert.

Mangelnde Flexibilität in der Kommunalpolitik

„Einer der Hauptgründe, warum immer noch so wenig Frauen kommunalpolitisch engagiert sind, ist eine mangelnde Vereinbarkeit zwischen Familie, Beruf und Ehrenamt“, so Studienautorin und Leiterin des Helene Weber-Kollegs Cécile Weidhofer von der EAF Berlin. „Der hohe Zeitaufwand für das Amt bei geringer finanzieller Entschädigung, hohe Erwartungen vor allem an junge Politikerinnen oder solche mit familiären Verpflichtungen oder familienunfreundliche Sitzungszeiten sind nur einige der Erklärungen dafür“. Diejenigen, die den Schritt wagen, geben ihr Mandat nicht selten schnell wieder auf, weil die mit dem politischen Engagement verbundene Mehrbelastung kaum zu stemmen ist. Die Autorinnen zeigen: Veränderung ist möglich. Die Studie kann Kommunen, Parteien und Wählergruppen dabei unterstützen, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wie eine familienfreundlichere Politik in der eigenen kommunalen Vertretung gelingen kann –  und bündelt Empfehlungen, Aktionen und Hinweise, die direkt umgesetzt werden können.

Kinderbetreuung, flexiblere Sitzungszeiten, Digitalisierung: So kann es gehen

Etwa können Regelungen zur Kinderbetreuung in den Kommunen getroffen und Gebäude familienfreundlich ausgestattet werden, damit Kinder mitgebracht werden können. So werden in Sehnde (Niedersachsen) Babysitter*innen an die Eltern vermittelt. Halle an der Saale arbeitete mit städtischen Kitas zusammen. Die Straffung von Ausschuss- und Ratssitzungen kann außerdem dazu führen, dass die Teilnahme an diesen auch mit familiären Verpflichtungen einfacher wird. Die Möglichkeiten der Digitalisierung spielen dabei ebenso eine bedeutende Rolle. Online – genauer gesagt hybride Ratssitzungen – haben sich in der ­Coronapandemie bewährt und müssen auch zukünftig zur besseren Vereinbarkeit beibehalten werden. Netzwerke von Mandatsträger*innen ermöglichen den Erfahrungs- und Wissensaustausch, stärken ihre Mitglieder und unterstützen die Einflussnahme auf die Politik. Im hessischen Münster (Landkreis Darmstadt-Dieburg) zum Beispiel machen die Mitglieder des 2022 gegründeten Gesamtelternbeirats die Erfahrung, dass sie mit ihrer Meinung gesehen und gehört werden. So bestehen auch ohne Mandat Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf kommunaler Ebene.

Familienfreundliche Strukturen können nur gemeinsam entwickelt werden

Kommunalpolitik wird aber nur familienfreundlicher, wenn alle Akteur*innen zusammenarbeiten: Neben kommunalen Mandatsträger*innen können und müssen auch Landtags- und Bundestagsabgeordnete, Parteien, Wählergruppe, Kommunalverwaltung und kommunale Spitzenverbände ihre eigene Praxis hinterfragen, sich Ziele setzen und eine zeitgemäße Strategie entwickeln, wie sie nach innen und nach außen die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und kommunalem Ehrenamt fördern können. Immer wichtig bleibt auch der Erfahrungsaustausch untereinander. Daher soll auf der Studie aufgebaut werden: „Unsere Ergebnisse können nur ein Anfang sein. Wir laden Kommunen und kommunalpolitische Akteur*innen ein, ihre Erfahrungen und Erfolgsgeschichten mit uns und anderen zu teilen“, betont Cécile Weidhofer. „Wir wollen erreichen, dass unsere Studie und der Erfahrungsaustausch untereinander eine konkrete Hilfestellung bieten.“ Auf der Seite www.frauen-macht-politik.de werden zusätzlich laufend Best Practice-Beispiele und Erfahrungen von Politiker*innen mit Vorbildcharakter veröffentlicht.

Download der Studie

Weidhofer, Cécile; Walchshäusl, Dorothea; Friedrich, Sarah (2023): Mit Kind in die Politik. Gute Praktiken für die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und kommunalpolitischem Ehrenamt

Download der Studie

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