Im Zuge der 3. Wiederaufbau-Konferenz im Juni in Berlin wurde die Gender Alliance ins Leben gerufen. Sie umfasst ein breites und in dieser Form einmaliges Bündnis aus internationalen Institutionen, Regierungen bzw. regierungsnahen Einrichtungen, aus privaten Unternehmen und aus Organisationen der Zivilgesellschaft. In Deutschland wird die Alliance durch die GIZ koordiniert, in der Ukraine u.a. durch die nationale Gleichstellungsbeauftragte Katharina Levchenko sowie das Ukraine Büro von UN Women.
Die Allianz hat sich zum Ziel gesetzt, dass die für den Wiederaufbau in der Ukraine mobilisierten bzw. zu mobilisierenden Ressourcen so eingesetzt werden, dass die Rechte, Bedürfnisse und Interessen von Frauen zum Tragen kommen. Dabei geht es zum einen um die finanziellen Mittel, zum anderen um die strategische Herangehensweise und die Entwicklung von Instrumenten. So werden unter der Federführung von UN Women Indikatoren für gendersensitive Projekte und Maßnahmen entwickelt und in enger Abstimmung mit der ukrainischen Regierung in laufende Prozesse integriert. Katharina Levchenko betont, dass hierbei nahezu alle Ministerien einbezogen sind, aber weiterhin Bewusstseinsbildung und Lobby-Arbeit nötig sind.
Ein Tätigkeitsschwerpunkt der Allianz liegt auf der Wirtschaft bzw. auf der Förderung der Erwerbstätigkeit und Erwerbsfähigkeit von Frauen, die, auch angesichts der kriegsbedingten Verluste an (jungen) Männern und dem Fortzug von Frauen, absolut geboten ist. Hier sind die Unternehmen gefragt, entsprechende Angebote zu entwickeln, z.B. für training on the job, zu flexiblen Karrierewegen, zur Vereinbarkeit von Beruf und Familien, um den Zugang von Frauen zu (qualifizierten) Jobs, durchaus auch in frauenuntypischen Berufen, zu ermöglichen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Schutz von Frauen vor Gewalt sowie einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung, auch von Frauen mit Behinderungen und/oder mit kriegsbedingten Verletzungen. Jüngste Studien zeigen hier hohen Bedarf bei Veteraninnen. Schließlich gehören dazu auch die Bedürfnisse von Frauen aus marginalisierten Gruppen, wie zum Beispiel der Romni.
Für die EAF steht weiterhin die Förderung der politischen Partizipation von Frauen auf der Agenda, vor allem auf kommunaler Ebene sowie die Förderung der Zusammenarbeit von staatlichen Institutionen und Zivilgesellschaft. Die EAF wird nach Möglichkeit hierzu ihre Expertise einbringen, z.B. aus ihren Erfahrungen mit dem Aktionsprogramm Kommune in Deutschland und den Projekten mit ukrainischen Partnerinnen.
Auf dem jüngsten Netzwerk-Treffen der Allianz im Dezember 2024, spezifisch für die beteiligten zivilgesellschaftlichen Organisationen, wurde der Partizipationsaspekt vielfach betont. Ohne die demokratisch legitimierte Mitwirkung der Gemeinden, Städte und Regionen und ohne die aktive Einbeziehung von Frauen und Frauenorganisationen, wird der Wiederaufbau nur schwer zu stemmen sein.
Helga Lukoschat, Senior Advisor der EAF Berlin.