Aktionsprogramm Kommune: Regionen entwickeln Fahrpläne für mehr Frauen in der Politik

In regionalen Kick-Off-Veranstaltungen entwickelten sie Aktivitäten und Maßnahmen, mit denen die Regionen Frauen für die Kommunalpolitik gewinnen und Mandatsträgerinnen im Amt stärken möchten.

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Aus zahlreichen kreativen Ideen ergaben sich wiederkehrende Themen und Schwerpunkte, die für viele Regionen eine Rolle spielen:

Sensibilisierung der Öffentlichkeit

Diskursangebote, Erfahrungsweitergabe und Aktionen im öffentlichen Raum können der Sensibilisierung der Öffentlichkeit, aber auch politischer Entscheidungsträger*innen dienen. Einige Beispiele wurden bereits erfolgreich in der ersten Runde des Programms umgesetzt und dienten vielen Regionen des zweiten Durchgangs als Inspiration und Motivation.

Um die Sichtbarkeit von Frauen in der Politik zu erhöhen eignen sich beispielsweise Wanderausstellungen. Nachdem sie an einem Ort ausgestellt wurden, können sie im weiteren Verlauf an benachbarte Kommunen weitergegeben werden. Die EAF Berlin empfiehlt beispielhaft  die Ausstellung „Mütter des Grundgesetzes“  des Helene Weber-Kollegs, welche kostenlos genutzt werden kann. Im ersten Programmdurchgang konzipierte der Kreis Steinburg eine Ausstellung über kommunalpolitische Vorbilder, um auf die immer noch mangelnde Teilhabe von Frauen in der Politik hinzuweisen und Frauen für ein Engagement in der Kommunalpolitik zu ermutigen.

Einige Regionen zeigten großes Interesse am Format der Podcasts, mit denen aktiven Lokalpolitikerinnen als Vorbilder eine Plattform geboten werden kann. Der Landkreis Oberhavel hat dieses Vorhaben im ersten Programmdurchgang bereits erfolgreich umgesetzt – der Podcast „Frauen Macht Politik“ kann hier angehört werden.

Zusätzlich eignen sich in vielen Regionen öffentlichkeitswirksame Aktionen auf dem Marktplatz oder vor dem Rathaus zur Sensibilisierung. Eine besonders beliebte und bereits mehrfach durchgeführte Aktion stellt dabei die sogenannte Stühle-Aktion nach dem Vorbild des regionalen Bündnisses „50:50 - Mehr Frauen in die Politik“ der Landkreise Osnabrück, Emsland und Grafschaft Bentheim aus der ersten Programmrunde dar. Hierbei werden die Sitzverhältnisse in den jeweiligen Kommunalparlamenten symbolisiert, um auf die Unterrepräsentation von Frauen hinzuweisen und Bürger*innen ein Gesprächsangebot zu machen.

Netzwerke und Austauschformate

Netzwerke sind wichtige Austausch- und Stärkungsmöglichkeiten für Frauen in der Kommunalpolitik. Durch verschiedene Gesprächsangebote, die in ein regionales Begleitprogramm eingebettet sind, können diese ausgebaut und verstärkt werden. Beliebte Formate und Ideen aus den Regionen sind hierfür:

Stammtisch- und Begegnungsformate wie Tapas-Talk, politisches Frauenfrühstück oder Walk and Talk bieten einen niedrigschwelligen Austausch zwischen Politikerinnen und interessierten Frauen und können darüber hinaus mit Verköstigung oder Spaziergängen verbunden werden. Diese Formate sind auch für den überparteilichen Austausch zwischen bereits aktiven Politikerinnen geeignet. In der ersten Programmrunde erprobte die Region Görlitz & Bautzen mit dem Format Pasta & Politik bereits erfolgreich, wie regionale Küche und Austausch erfolgreich kombiniert und sich daraus weitere Netzwerke bedarfsorientiert entwickeln können.

Niedrigschwelliger Austausch funktioniert auch über das Format frauenpolitischer Filmvorführungen, welche an verschiedenen Orten der Region mit anschließender Diskussionsrunde stattfinden können. Die Region Wartburgkreis führte zum Beispiel im ersten Programmdurchgang eine ganze Veranstaltungsreihe basierend auf Filmen durch. Passend zum Thema kommen beispielsweise die Filme „Die Unbeugsamen“, „Die Sternstunde ihres Lebens“, „Wem gehört mein Dorf“, „Die perfekte Kandidatin“ und „Junge Politikerinnen – Yes She Can“ in Frage.

Empowerment und Kompetenzerweiterung

Um Frauen auch auf der individuellen Ebene zu stärken, Informationen und Hintergrundwissen bereitzustellen oder sogenannte Soft Skills auszubauen, können sowohl fachpolitische Themen als auch Tipps für sicheres Auftreten angeboten werden. Solche Angebote können interessierten Frauen aber auch Frauen mit Mandat mehr Sicherheit geben, sich in herausfordernden Situationen zu behaupten und selbstbewusst aufzutreten.

In Zusammenarbeit mit Volkshochschulen und Bildungsinitiativen wollen die meisten Regionen der zweiten Programmrunde Workshops zu Themen wie beispielsweise Rhetorik, Auftrittspräsenz, Reden schreiben und Überzeugs- und Durchsetzungsfähigkeit anbieten. Diese stärken das Selbstvertrauen und erweitern Kompetenzen, die in der Kommunalpolitik und darüber hinaus für viele Anfängerinnen hilfreich sind.

Eine weitere Idee in Kooperation mit Volkshochschulen ist ein sogenannter Politik-Führerschein, der auf die Erweiterung fachlicher Kenntnisse abzielt. Hierbei können verschiedene Kurse zum Thema „Grundlagen der Kommunalpolitik“, “kommunaler Haushalt” bis hin zu „Feminismus in der Stadtplanung“ absolviert und am Ende mit einem „Führerschein“ bescheinigt werden.

Außerdem hoben viele Regionen die besondere Bedeutung des Themas Hass und Hetze im Netz in Zeiten der Digitalisierung und Anonymität sozialer Netzwerke hervor. Zur Umsetzung einer entsprechenden Aktion eignen sich Workshops zur Aufklärung, wie Hass und Hetze im Netz begegnet werden kann und dazu, wo und wie Unterstützung im Ernstfall verfügbar ist. Außerdem können öffentliche Aktionen, wie eine Social Media Kampagne, die offen Erfahrungen betroffener Kommunalpolitikerinnen thematisiert, anderen Betroffenen Mut machen und die Gesellschaft sensibilisieren.

Rahmenbedingungen

Das Aktionsprogramm nimmt nicht nur Frauen in den Blick, sondern möchte auch Veränderungen zur Steigerung der Attraktivität von Kommunalpolitik insgesamt anstoßen. Hierzu ist es notwendig, bestehende Rahmenbedingungen genau zu betrachten, zu identifizieren, welche Punkte das politische Engagement von Frauen hemmen, sie kritisch zu hinterfragen und neue Lösungsmöglichkeiten zu erproben. Auch auf dieser Ebene gab und gibt es viele Ideen, welche in den kommenden Monaten umgesetzt werden sollen:

Der Landesfrauenrat Schleswig-Holstein hat gemeinsam mit der Partnerregion Steinburg aus dem ersten Programmdurchgang einen Leitfaden für Einsteiger*innen und Aktive in der Kommunalpolitik erstellt. Dieser soll aktuell noch um Kinderbetreuungsangebote ergänzt werden. Als Muster für ähnliche Vorhaben in den Regionen kann der Leitfaden hier heruntergeladen werden.

Die Entwicklung eines Verhaltenskodexes (Code of Conduct) kann zur Verbesserung der Sitzungskultur beitragen. Dabei kann beispielsweise daran erinnert werden, dass Beiträge stets sachlich bleiben sollten und Beleidigungen zu unterlassen sind. Als Vorlage für ein solches gemeinsames Selbstverständnis ist die Anlage zur Geschäftsordnung der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung, welche seit März 2021 einen Kodex für wertschätzenden Umgang beinhaltet.

Die Nutzung von digitalen Tools kann dabei helfen, die Sitzungszeiten zu verkürzen und damit die Vereinbarkeit von Ehrenamt, Erwerbs- und Sorgearbeit sowie Privatleben für alle Amtsträger*innen zu fördern. Mithilfe von Timer-Apps kann beispielsweise nachverfolgt werden, welche Fraktionen bereits wie viel Redezeit beansprucht haben oder diese kann sogar begrenzt werden. Im Ennepe-Ruhr-Kreis wurde in einer Gemeinde während der Pandemie die gute Praktik etabliert, alle Sitzungen auf zwei Stunden zu begrenzen und damit auch Verwaltung und Sitzungsleitung zu realistischeren Tagesordnungen anzuhalten. Dies reduziert darüber hinaus die Arbeitsbelastung und den Zeitaufwand im Vorhinein.

Über das Aktionsprogramm Kommune

Das Aktionsprogramm zielt darauf ab, den Anteil von Frauen in den kommunalen Vertretungen (Stadt- und Gemeinderäte sowie Kreistage) sowie den Anteil der haupt- und ehrenamtlichen Bürgermeisterinnen und Landrätinnen nachhaltig zu erhöhen. Daher nimmt es nicht nur die Frauen in den Blick, sondern will auch dazu beitragen, strukturelle Veränderungen anzustoßen, welche sich positiv auf die Teilhabe von Frauen und die Akzeptanz und Attraktivität von Kommunalpolitik insgesamt auswirken können. Ein Schwerpunkt liegt auf ländlichen Regionen. Das Aktionsprogramm wird von EAF Berlin in Kooperation mit Deutscher LandFrauenverband e.V. (dlv) durchgeführt und vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert.

Jede Partnerregion bildet eine Steuerungsgruppe, die gemeinsam mit den Projektträgerinnen der EAF Berlin und dem Deutschen LandFrauenverband einen auf die Bedürfnisse ihrer Region zugeschnittenen Aktionsfahrplan erarbeitet. Außerdem übernimmt die Steuerungsgruppe die strategische Begleitung des Programms.  Neben den regionalen Koordinator*innen, zumeist den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, bestehen die Steuerungsgruppen aus Bürgermeister*innen und Landrät*innen, Politikerinnen und Politikern verschiedener Parteien und Fraktionen sowie Mitgliedern der Zivilgesellschaft, LandFrauen und frauenpolitischen Initiativen vor Ort.

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